Programm
Elena Rykova: 101% mind uploading, for 3 performers inside piano, percussion and objects (2015) 10'
Manuel Rodríguez Valenzuela: T(t)- Blocks D, for 3 amplified electric typewriters, video and objects (2014) 6'
Thierry De Mey: Musique de Tables (1985) 7'
- Pause -
George Aperghis: Les Guetteurs de sons, pour 3 percussions (1981) 17'
Jessie Marino: Piece for the middle seat, for three performers (2017) 8'
Alexandros Spyrou: „Ataktos Errimmena“ (2015 / 2021 UA) 8’
«deconstructing» ist ein Konzert-Konzept des Pianistinnen-Trios f:t, ein neu gegründeter Klangkörper mit Schwerpunkt auf zeitgenössische Musik für sechs Hände, drei Klaviere und alternative Tasteninstrumente. Das Klavier ist ein wahres Meisterwerk der Ingenieurskunst, welches von uns Menschen komplett neu erfunden wurde, nirgends ist sonst einen vergleichbaren Klang zu finden. Um neue Wege in Sachen Klavierkunst zu entwickeln, möchte nun f:t jenseits des üblichen ›am Flügel-im Flügel‹ Dilemmas die Bestandteile des Instruments analysieren und musikalisch zersetzen, in Form eines inszenierten Abbauprozesses. «deconstructing» besteht aus sechs Werken internationaler Komponist:innen, die jeweils einen Aspekt oder Bestandteil des Klaviers interdisziplinär und audiovisuell hervorheben und verstärken.
Der Hammer, die Anschlagmechanik, vor allem die Schlagaktion selbst, ist der Grundbestandteil des Klaviers. Dieser wird im theatralischen Schlagzeugstück Les Guetteurs de sons von Georges Aperghis isoliert und unter der Luppe genommen: die drei Performerinnen stellen die Verkörperlichung der Hämmer dar, sitzen nebeneinander an ihren jeweiligen Trommeln und produzieren willenlos Klänge, als würden die Instrumente von allein erklingen und ihre Hände sich unabhängig von ihren Körpern bewegen.
Die Tasten sind der Bestandteil des Klaviers, mit dem Pianist:innen ein Leben lang die engste Beziehung entwickeln. Dabei geht es um Repetition,Versuchung, Präzision, Technik, mechanische Aktionen. Und wie klingen Tasten selbst in einem fremden Kontext, wenn sie nicht aus den Saiten einen lyrischen Klang erzeugen? Im Schreibmaschinen-Trio T(t)- Blocks D erschafft der Komponist Manuel Rodríguez Valenzuela ein Kaleidoskop aus klanglichen Spielsteinen bestehend, die sich ständig wiederholen. Die Aufgabe der Performerinnen ist diese jedes mal an einen neuen Kontext anzupassen. Das ganze funktioniert ebenso als Metapher des gesamten Programms «deconstructing»: die Bestandteile eines Hauptinstruments werden aus ihrem Zusammenhang herausgenommen und jeweils aus einer neuen Perspektive betrachtet.
Das performative Werk 101% mind uploading verlangt, dass die Pianistinnen im Innenraum des Instruments neue Klänge erkunden. Dabei tragen sie Gesichtsmasken und OP-Kittel, denn sie müssen das Instrument tatsächlich operieren. Aus den Saiten entstehen durch die Kombination verschiedener Magneten und Ebows irreale, rituelle Klangdistorsionen. Dabei wird die ungewöhnliche Klangwelt Rykovas mit Instrumenten aus verschiedenen Kulturen erweitert, wie die Sansula oder die chinesische Gongs.
Der Komponist und experimentelle Tanzfilm Regisseur Thierry de Mey fusioniert Tanz und Musik in Form eines stark choreographischen Handballets - Musique de Tables. Im Rahmen von «deconstructing» hebt dieses Werk nicht nur die Finger- und Handbewegungen des traditionellen Klavierspiels hervor, sondern auch die unerlässliche Rolle der Holz Resonanzfläche.
Das choreographische Stück Piece for the middle seat ist eine Studie der Bewegung in begrenzten Raumverhältnissen, welche in der unmittelbaren Umgebung der Performerinnen aufgeführt werden soll. Es entstand zum ersten Mal während eines Aufenthaltes der Komponistin Jessie Marino im Mittelsitz eines Flugzeugs. Daraus wurde eine Auswahl an „musikalischen“ Bewegungen gesammelt, die jedes Ensemble dann in weiteren, begrenzten Raumsituationen in ihrer eigenen Art und Weise formulieren darf. Für f:t ist es eine Möglichkeit, über die Körperlichkeit des Klavierspiels zu reflektieren.
Die Musikerinnen teilen sich die Klavierbank und agieren schließlich im Ataktos Errimmena sowohl im Innenraum des Flügels als auch auf der Klaviertastatur. Hämmer, Tasten, Saiten, und Gestik kehren gemeinsam in ihren ursprünglichen Klavierkontext zurück, welchen durch die Mitwirkung der drei Pianistinnen an einem einzelnen Flügel klanglich und choreographisch erweitert wird.